Die Geschichte vom Eisbären

Es war einmal ein Eisbär namens Boris, der am Nordpol lebte. Boris war nicht wie die anderen Eisbären, die damit zufrieden waren, durch den Schnee zu stapfen und Robben zu jagen. Nein, Boris träumte von mehr. Er träumte davon, die Welt zu verändern. Während seine Freunde sich in Eishöhlen kuschelten und Fische fingen, saß Boris oft am Rand des Polarkreises und starrte in die Ferne. Er dachte nach.

Eines Tages, als Boris im Eis saß und den kalten Wind durch sein Fell wehen ließ, hatte er eine Eingebung. „Ich werde Politiker!“, rief er begeistert. „Die Welt braucht jemanden wie mich, der sich um die Verteidigung des Eises kümmert, damit es nicht schmilzt. Ich werde Verteidigungsminister werden und den Polarkreis verteidigen!“

Gesagt, getan. Boris schnürte sich eine Aktentasche aus alten Fischernetzen und machte sich auf den Weg nach Süden, wo die großen Regierungen der Menschen saßen. Er wusste, dass es nicht leicht sein würde, aber er war fest entschlossen, seinen Platz in der Politik zu erkämpfen.

Nach Wochen der Reise kam Boris in eine große Stadt. Er war beeindruckt von den hohen Gebäuden, den Menschen in Anzügen und den flinken Autos, die an ihm vorbeirauschten. Doch Boris ließ sich nicht beirren. Er meldete sich im Rathaus und wollte sich zur Wahl stellen.

Die Menschen jedoch, die dort arbeiteten, hatten noch nie einen Eisbären in einem Anzug gesehen, geschweige denn einen, der sich für Politik interessierte. „Ein Eisbär als Verteidigungsminister?“, lachten sie. „Das ist doch absurd!“

Doch Boris ließ sich nicht entmutigen. Er hielt Reden auf öffentlichen Plätzen, verteilte Flyer, die er mühsam mit seinen großen Tatzen bedruckt hatte, und sprach mit den Bürgern über die Wichtigkeit der Verteidigung der Polarregionen. Einige Leute begannen sogar, ihn ernst zu nehmen. „Der Eisbär hat recht“, sagten sie. „Das Eis schmilzt, und niemand tut etwas dagegen.“

Leider konnte Boris nie genügend Stimmen sammeln, um wirklich Verteidigungsminister zu werden. Die Menschen fanden ihn zwar nett, aber sie glaubten, dass ein Eisbär in der Politik vielleicht doch etwas zu… ungewöhnlich sei.

Enttäuscht, aber nicht bereit, aufzugeben, begann Boris nach einer anderen Möglichkeit zu suchen, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er konnte nicht einfach nach Hause zurückkehren und den anderen Eisbären erzählen, dass er gescheitert war. Er musste etwas Neues finden.

An einem heißen Sommertag, während Boris durch die Straßen der Stadt schlenderte, fiel ihm auf, wie viele Menschen Eiscreme aßen. Da hatte er eine Idee! Wenn er schon nicht Verteidigungsminister werden konnte, dann würde er wenigstens etwas Gutes tun, um die Menschen abzukühlen – er würde Eis verkaufen!

Mit dem letzten Geld, das er hatte, kaufte Boris einen kleinen Eiswagen und begann, Eis zu verkaufen. Doch nicht irgendein Eis – Boris kreierte besondere Eissorten, inspiriert von seiner Heimat am Nordpol: „Polarwirbel“, „Gletscherblau“ und „Robbenbeere“ waren nur einige seiner Kreationen. Die Menschen liebten sein Eis, und bald war Boris als der freundlichste und kühlste Eisverkäufer der Stadt bekannt.

Er konnte zwar nicht die Welt verändern oder Verteidigungsminister werden, aber Boris lernte, dass es manchmal auch die kleinen Dinge sind, die einen Unterschied machen. Indem er Menschen an heißen Tagen mit Eis erfreute, brachte er ein Stück des Nordens in die Herzen der Menschen. Und tief in seinem Inneren wusste Boris, dass er doch etwas Gutes getan hatte – auf seine eigene, eisige Art.